Dienstag, 8. Februar 2011

Die Grundlegenden Mechanismen der Evolution

Da die Ursprünge der Kritik an der Evolutionstheorie in den meisten Fällen an einem generellen Unverständnis zu liegen scheinen, werde ich im Folgenden versuchen, die Basics einfach und leicht verständlich zu erklären. Zu oft hört man von Atomen, die zufällig aufeinandertreffen und plötzlich hochkomplexe DNA bilden sollen. Oder von Giraffen, die sich plötzlich in Elefanten oder Wale verwandeln. Von Affen, die irgendwann keine Lust mehr auf Bananen hatten und einfach zu Menschen wurden. Wer solche Sätze in die Welt setzt beweist damit eigentlich nur, dass der das Objekt seiner Kritik nicht im Ansatz verstanden hat. Daher nun die Grundlagen, Rückfragen und Kommentare sind gerne gesehen:

Die DNA
Jedes Lebewesen wird wesentlich von einem Molekül definiert: der DNA oder Desoxyribonucleic acid (zu deutsch: DNS oder Desoxyribonukleinsäure). In diesem ist in Form von verschiedenen Basenpaaren eine gewaltige Menge Information gespeichert, die man mit einem Bauplan des Lebewesens vergleichen kann. Jedes Lebewesen verfügt über eine einzigartige DNA, die sich in jeder Körperzelle befindet und dort die Synthese von verschiedensten Stoffen steuert.

Der DNA-Doppelstrang: die Basenpaare in der Mitte enthalten die Erbinformation

Die Mutation – der “Zufall”
Bei jeder Zellteilung wird die DNA kopiert, damit sie in beiden Tochterzellen vollständig vorhanden ist. Dieser Vorgang wird von Enzymen bewerkstelligt, die den Doppelstrang zunächst in zwei Einzelstränge aufspalten. Da jeder dieser Einzelstränge komplementär zum anderen ist, also quasi ein Spiegelbild darstellt, reicht es aus, an beide Stränge die passenden Basen anzusetzen, um zwei neue Doppelstränge zu erhalten, die genau identisch sein sollten. Sollten, denn beim Kopieren von mehreren hundert Millionen Basenpaaren treten zwangsläufig Fehler auf. Die werden zwar zum Großteil durch spezialisierte Reparaturenzyme wieder beseitigt, doch ein paar Fehler bleiben immer. Neben diesen Kopierfehlern gibt es weitere Faktoren, die die DNA verändern bzw. mutieren können. Innere Einflüsse wie Freie Radikale, besonders reaktionsfreudige Moleküle, haben ebenso eine mutagene Wirkung auf die DNA wie äußere Einflüsse, z.B. bestimmte Strahlungsformen und Chemikalien. Diese Faktoren wirken auf die DNA aller Lebewesen. Bei Lebewesen wie uns Menschen, die sich nicht durch Klonung vermehren, kommt bei der Fortpflanzung ein weiterer Faktor hinzu: die DNA der Elternteile vermischt sich.

Der Genpool
All diese Einflüsse haben zur Folge, dass jedes Lebewesen einer Gruppe eine eigene, einzigartige DNA besitzt, die es von allen anderen unterscheidet. Und all diese unterschiedlichen DNA-Varianten in der Gruppe, der Population, bilden ihren sogenannten Genpool.

Die Selektion
Dieser Begriff beschreibt das vielzitierte Überleben des Stärkeren. Das allmähliche Sterben der Individuen bzw. das allmähliche Aussortieren der DNA-Varianten aus dem Genpool einer Population, die nicht gut an ihre Umwelt angepasst sind, das ist die Selektion. So überleben bei begrenzen Ressourcen immer nur die Individuen, die am besten mit ihrer Umwelt zurechtkommen. Die weniger gut angepassten Individuen pflanzen sich im Schnitt weniger oft fort, weil sie z.B. schlechter Nahrung finden, mit Witterungsbedingungen nicht zurechtkommen und vor dem Fortpflanzungsalter sterben. Oder nach der Fortpflanzung schlechter für den Nachwuchs sorgen können. Auf lange Sicht besteht die Population also aus immer besser angepassten Lebewesen, der Genpool, der ja für die DNA der gesamten Gruppe steht, verändert sich.

Der Gendrift
Ein weiterer, wichtiger Mechanismus, der eine Population verändern kann, ist der Gendrift. Bei jeder Fortpflanzung werden die Merkmale der Eltern, die Allele, zufällig zu einem neuen Genom zusammengewürfelt. Dabei kann es passieren, dass sich bestimmte Merkmale gar nicht vererben. Auf längere Sicht oder in einer kleinen Population kann dies, sofern es nach und nach bei allen Individuen geschieht, dazu führen, dass ein Merkmal völlig verschwindet. Es ist sogar möglich, dass sich durch die Weitergabe einiger Allele in einem Teil der Gruppe und dem Verschwinden dieser Merkmale aus dem anderen Teil der Gruppe zwei unterschiedliche Populationen bilden. Bei größeren Gruppen ist dies aber eher unwahrscheinlich. Interessant wird der Gendrift zum Beispiel bei Katastrophen, die einen Großteil der Population auslöschen. Übrig bleiben nur wenige Individuen, die vielleicht nicht dem genetischen Mittelmaß der ursprünglichen Gruppe entsprechen. Sie und ihre Nachkommen erfahren in einem solchen Fall eine starke Veränderung des Genpools in einem sehr kurzen Zeitraum.

Eine neue Art
…ist definiert als eine Population, die sich genetisch nicht mit anderen Populationen kompatibel ist und sich nur untereinander fortpflanzen kann. Doch wie kann eine völlig neue Art entstehen? Die beiden letztgenannten Punkte sind dafür verantwortlich. Durch den unwahrscheinlichen Fall einer Auseinanderentwicklung zweier Gruppen in einer Population per Gendrift. Oder das Eintreten eines Ereignisses, das einen großen Teil der Population und damit auch die meisten Genvarianten auslöscht und damit den Genpool drastisch verändert. Auch die räumliche Trennung einer Population in unterschiedliche Ökosysteme wie z.B. das Wegfallen einer Landbrücke zwischen zwei Inseln kann eine neue Art hervorbringen. Die Selektion sorgt in jedem der beiden nun von einander getrennten Lebensräume dafür, dass nur die angepassten Individuen überleben. Unterscheiden sich diese Lebensräume, überleben jeweils andere DNA-Varianten und die Genpools der beiden neuen Populationen entwickeln sich in unterschiedliche Richtungen. Bis hin zu einem Punkt, an dem sich die DNA der beiden Gruppen so weit unterscheidet, dass eine Fortpflanzung mit der jeweils anderen Gruppe nicht mehr möglich ist…

Montag, 31. Januar 2011

Mal wieder was neues: die Erde ist 6000 Jahre alt

Zunächst einmal das Video, das ich heute gefunden habe. Hier erklärt uns ein Chemiker (bzw. ein Mann in einem Laborkittel), was es mit dem Alter der Welt, der Evolution und der Bibel wirklich auf sich hat. In der nächsten Folge: wir fragen einen Biologen, warum die Allgemeine Relativitätstheorie Lücken aufweist… naja, nicht lustig. Außerdem habe ich das Gefühl, meinen Sarkasmus später noch zu benötigen.

Earth is 6,000 Years Old

00:00
Zu Beginn eine kleine Übersicht, die uns die sich im Streit gegenüberstehenden wissenschaftlichen Lager vorstellen soll. Natürlich ist der Kreationismus weit davon entfernt, irgend etwas mit der Wissenschaft zu tun zu haben – auf der anderen Seite trägt der Kerl immerhin einen Laborkittel.
Aus der Bibel lässt sich ableiten, dass die Erde vor 6000 Jahren von Gott erschaffen wurde. Vor 4400 Jahren soll die große Sintflut stattgefunden haben, vor 2000 Jahren Jesus geboren worden sein. Dann die Gegendarstellung, nach der das Universum vor etwa 20 Milliarden Jahren seinen Anfang gehabt haben soll (lt. aktueller Forschung sind es etwas weniger als 14 Milliarden Jahre). Die Erde soll seit etwa viereinhalb Milliarden Jahren existieren und das erste Leben vor 3 Milliarden Jahren aufgetreten sein.
So weit, so gut. Aber schon hier schwindet die Vorfreude auf ein Video, das zumindest den Anschein von Seriosität erweckt. Wer sich vor einer Diskussion nicht mit der Gegenseite befasst, sollte sie gar nicht erst beginnen. Den Urknall als Explosion zu bezeichnen ist ein sicherer Indikator für ein grundlegendes Unverständnis des Universums. Zur Erinnerung: das Universum ist definiert als alles, einschließlich Raum und Zeit. Eine Explosion ist eine Druckwelle, die sich in Raum und Zeit ausbreitet und aus einer Reaktion verschiedener Elemente resultiert. Der Urknall wiederum markiert die Entstehung des Universums. Gehen wir zum Zeitpunkt null zurück, der kleinlich betrachtet eigentlich gar nicht existiert, stellen wir fest, dass sowohl Materie als auch Raum und Zeit für eine Explosion fehlen. Der Urknall war nichts anderes als der Beginn der Rahmenbedingungen, die eine Explosion erst möglich machen.

1:30
Weiter im Video. Nach einer Aufzählung der verschiedenen, unmenschlich langlebigen Nachkommen Adams und dem Aufzeigen der Timeline der Bibel folgt die Berechnung des Alters allen Seins auf Basis einer anderen Quelle, indem man einen willkürlichen Zeitraum pro Generation definiert, ihn mit der Anzahl der Generationen zwischen Adam und Jesus multipliziert, trotz der aus der Luft gegriffenen 50 Jahre pro Generation eine Abweichung von knapp 7% zur Bibel-Version errechnet und das Ganze dann als Bestätigung abhakt.
Nun zum wissenschaftlichen Weltbild, in dem die Erde Milliarden Jahre auf dem Buckel hat. Aufhänger sind die diversen Gesteinsschichten, die man an manchen Stellen der Erde sehen kann. Mit den jüngsten Schichten an der Erdoberfläche, dringt man um so weiter in die Vergangenheit vor, je tiefer man geht. Widerlegt wird diese Vorstellung mit einem kruden Schaubild Nordamerikas aus der Vogelperspektive, das im Norden ältere Gesteinsschichten zeigt, im Süden jüngere. Dies sieht unser Chemiker als Beweis dafür, dass eine Datierung anhand von Gesteinsschichten unmöglich sei, da das Schaubild die älteren Schichten “oben” abbildet. Entweder habe ich etwas missverstanden – oder hier wird fröhlich der Norden mit oben im Sinne von geringerer Nähe zum Erdmittelpunkt gleichgesetzt.

5:30
Da sind sie wieder, die Vergleiche. Erst die Märchenfee mit dem Zauberstab, die den Frosch zum Prinzen macht. Dann, im direkten Anschluss und als “even more fantastic” angekündigt, die Evolutionstheorie. Auch hier zeigt sich wieder die fundamentale Ahnungslosigkeit, mit der der Durchschnittskreationist das Objekt seiner Kritik betrachtet. Natürlich würde auch ich jeden auslachen, der mir von Würmern, die sich nach ein paar Zufällen in Fische, nach ein paar weiteren in Amphibien, dann in Katzen, Affen und schließlich Biologieprofessoren verwandeln, erzählt. Wer würde das nicht? Leider kommt Mr. Pendleton über diese Sichtweise nicht hinaus, wie die häufige Verwendung der Formulierung “by chance” zeigt. Ich bin fast schon fasziniert von der Tatsache, dass beinahe alle Kreationismusverfechter über den exakt selben Kenntnisstand verfügen, was die Evolution betrifft. Vielleicht liegt das aber auch nur daran, dass Menschen mit weniger biologischem Grundwissen nie auf die Idee kämen, ein Video zum Thema zu veröffentlichen. Und alle, die die Evolution wirklich verstanden haben, keine Kreationismusverfechter sind. Wie auch immer… im Sinne der Aufklärung ein paar Fakten zur Evolutionstheorie und Zufällen:

- das einzige Element des Zufalls im Zusammenhang mit der Evolutionstheorie ist die Mutation. Mutationen sind Veränderungen im Erbgut eines Lebewesens, die in den allermeisten Fällen von Nachteil sind und ab einem gewissen Punkt zum Tod führen, manchmal aber Nutzen für den Organismus haben können. Mutationen treten ständig auf, sei es durch Fehler beim Kopieren des komplexen DNA-Moleküls, durch innere Einflüsse wie freie Radikale oder äußere Einflüsse wie Strahlung. Die meisten Schäden werden von speziellen Enzymen repariert, ein Bruchteil jedoch nicht.

- zusammen mit der Mutation führen auch äußere Ereignisse zur Veränderung des sogenannten Genpools einer Population. Wird eine Gruppe von Lebewesen beispielsweise durch ein Erdbeben in zwei Gruppen aufgeteilt, die fortan etwa durch eine versunkene Landbrücke keinen Kontakt mehr zueinander haben können, entwickeln sich die Individuen der beiden Gruppen künftig getrennt voneinander. Je unterschiedlicher die neuen Lebensräume sind, desto mehr werden sich die beiden Gruppen mit der Zeit voneinander unterscheiden. Wieso das so ist, erklärt die…

- …Selektion, die nichts mit Zufall zu tun hat und der zweite Grundpfeiler der Evolution ist. Die Selektion ist das Aussortieren von Lebewesen, die nicht gut genug an ihre Umwelt angepasst sind. Das lässt sich am einfachsten an einem Beispiel veranschaulichen.

…das die Tage folgen wird, ich muss ins Bett, gute Nacht!