Dienstag, 13. Juli 2010

Zeitdilatation – Warum es keine Wahrheit gibt

Vorab ein kleines Video, das ungefähr erklären soll, worum es hier geht. Leider nicht die anschaulichste Erklärung, dafür kurz und bündig. Mehr brauchen wir erst einmal auch nicht…

Zeitdilatation

Gerne spricht der Gläubige von der einen Wahrheit, die über allem steht. Gottes Wahrheit. In diesem Beitrag lasse ich einmal völlig dahingestellt, wie es um Gott oder seine Wahrheit bestellt ist; diese Frage ist für unseren Blick auf die Wahrheit irrelevant. Fakt ist nämlich, dass jeder Mensch Wahrheit, und sei sie die reine Wahrheit Gottes, nur auf seine menschliche, den Naturgesetzen unterworfene, subjektive Weise wahrnehmen kann. Dies gilt für jeden Menschen.

Warum?

Einstein zeigte mit seiner Relativitätstheorie, dass alles relativ ist. Ein Spruch, den jeder kennt, unter dem sich aber nur die Wenigsten etwas vorstellen können.
Vor Einstein war man der Auffassung, dass es eine Zeit gäbe, die universell gleich schnell vergehen würde. Der Raum war (im übertragenen Sinne, natürlich ging man von drei Dimensionen aus) flach und unveränderlich und die Himmelskörper, von Monden bis hin zu Galaxien bewegten sich innerhalb dieses statischen Raumes.
Dann kam der Umbruch. Die Relativitätstheorie Einsteins behauptete, dass Massen den Raum krümmten. Das ist der zentrale Punkt, der für uns von Bedeutung ist. Eine beliebte Veranschaulichung ist das Tuch, das den Raum im Universum darstellt. Spannt man es an seinen vier Ecken auf und legt eine Murmel hinein, so bildet sich eine Delle im Tuch um die Murmel herum. Natürlich muss man sich den Effekt in drei statt zwei Dimensionen vorstellen, im Prinzip zeigt das Beispiel aber, was Massen mit dem Raum anstellen.
Letztendlich ist das, was mit dem Tuch geschieht, nichts anderes als Gravitation. Jede Masse, sei es ein Staubkorn oder ein Stern wie unsere Sonne, sorgt für eine “Delle” im dreidimensionalen Raum, die umso größer ausfällt, je schwerer das Objekt ist. Stellt man sich nun unsere Sonne mit ihren ~1.989.000.000.000.000.000.000.000 Tonnen im Zentrum des Sonnensystems vor, so kann man sich denken, dass ihre Auswirkung auf den Raum entsprechend groß ist, ihre Gravitation sehr stark. In der Tat beherrscht die Sonne mit ihrer starken Krümmung des Raums das gesamte Sonnensystem und hält alle in ihm befindlichen Körper auf ihren Bahnen. So wie die Erde ihre direkte Umgebung gravitativ beherrscht und den Mond auf seiner Bahn hält. Stellt man sich im folgenden Bild den Mond vor, so würde er sich am Rand des Trichters, den die Masse der Erde erzeugt, im Kreis bewegen. Durch seine Eigengeschwindigkeit von der Erde weggetrieben, durch die Raumkrümmung von ihr angezogen, herrscht ein Gleichgewicht, das zu einer stabilen Umlaufbahn führt.

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Auch die Erde krümmt den Raum

Halten wir fest: jede Masse krümmt den Raum und beeinflusst dadurch Objekte in ihrer Nähe. Was hat das mit der Zeit zu tun?

Nehmen wir noch einmal das Bild von eben und stellen uns zwei Lichtstrahlen vor. Der eine wandert auf der blauen Linie, die vorn im Bild von rechts unten nach links oben läuft. Der andere wandert auf der dicken Linie weiter hinten, die durch die Raumkrümmung führt. Bekannt ist: die Lichtgeschwindigkeit ist eine feste Obergrenze. Was passiert also mit den Lichtstrahlen? Beide brauchen für die gleiche Strecke auf ihren unterschiedlichen Bahnen die gleiche Zeit.
Doch wie kann das sein? Der Lichtstrahl, der durch die Krümmung einen längeren Weg hatte, konnte sich schließlich nicht mit Überlichtgeschwindigkeit fortbewegen. Die Lösung: Zeit vergeht in der Nähe von Massen langsamer! Der Lichtstrahl mit dem “Umweg” kam deshalb zur rechten Zeit an, weil die Zeit in der Nähe der Erde langsamer vergeht. Der Strahl musste also zwar eine längere Entfernung zurücklegen, hatte dafür aber, aus der Sich des anderen Lichtstrahls gesehen, mehr Zeit zur Verfügung.

Auch hat sich, wie im Video ganz oben erwähnt, ergeben, dass die Zeit von unterschiedlichen Beobachtern unterschiedlich wahrgenommen wird. Eine logische Konsequenz aus den bisherigen Ausführungen. Je nachdem, wo ich mich aufhalte, erlebe ich meine Umwelt anders als andere. Genau genommen vergeht die Zeit für einen Menschen, der auf Meereshöhe lebt, bereits langsamer als die für einen Bergbewohner. Das sind zwar nur minimalste Unterschiede, dennoch sind sie vorhanden und von großer Bedeutung.

All diese experimentell vielfach nachgewiesenen Entdeckungen führend nämlich zu einem Schluss: alles ist relativ! Egal wo ich bin, egal wie schnell ich mich bewege, ich befinde mich immer in einem anderen Bezugssystem als jeder andere Mensch auf der Welt. Es gibt keine Zeit sondern viele Zeiten, abhängig von Masse und Bewegung. Mit der Folge, dass die Beobachtungen eines jeden Menschen immer nur subjektiv sein können.

Und bisher haben wir lediglich den Bereich außerhalb unseres Gehirns betrachtet. Jeder Mensch entwickelt im Laufe seines Lebens ein einzigartiges Filtersystem, das aus der Masse an Umweltreizen die für uns nötigen herausfiltert. Das lässt sich einfach veranschaulichen. Ein Mensch läuft auf dem Weg zur Arbeitsstelle durch eine Fußgängerzone. Hinterher fragt man ihn, welche Farbe die Schuhe eines Straßenkünstlers haben, den er passiert hat. Fest steht, dass die visuellen Reize des Künstlers das Auge des Befragten erreicht haben. Trotzdem wird er sich nicht erinnern und hat die Schuhe vermutlich nicht einmal wahrgenommen, weil sie für seine aktuelle Situation, den Weg zur Arbeit, keinerlei Relevanz hatten.
So vereinfachen wir uns unbewusst unser Leben. Das Gehirn filtert in jeder Situation nur die Bildbereiche, Geräusche, Reize heraus, die aktuell von Bedeutung sind. Auf der anderen Seite gibt es Autisten, die diese Filterfunktion nicht besitzen. Sie sind zwar teilweise zu scheinbar übermenschlichem, wie dem extrem präzisen, perspektivisch korrekten und bis auf das letzte Fenster exakten Zeichnen einer Stadt aus dem Kopf nach einem kurzen Hubschrauberrundflug, fähig. Dafür haben sie im Alltag erhebliche Probleme, weil weniger oder nichts gefiltert wird und ständig eine unkontrollierbare Flut an Reizen auf sie wirkt.

Zusammengefasst: die Struktur der Raumzeit erlaubt es nicht, objektive, an jedem Punkt im Raum gültige Beobachtungen zu machen. Und die Filterfunktion unseres Gehirns schließlich lässt nur einen sehr geringen Anteil der tatsächlichen Umwelteindrücke in das bewusste Wahrnehmen durch.

Was jeden Anspruch auf die Wahrheit oder das Erkennen einer absoluten Wahrheit absurd erscheinen lässt.

1 Kommentar:

  1. Nur weil die Struktur der Raumzeit es nicht erlaubt objektive, an jedem Punkt im Raum gültige Beobachtungen zu machen ist der Anspruch auf die Wahrheit oder das Erkennen einer absoluten Wahrheit absurd?
    Das Leuchtet nicht ein.
    Und was hat die Filterfunktion unseres Gehirns damit zu tun?
    Das Leuchtet auch nicht ein.

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